Tag 11. Erlebnisse im Nass-Beneficio


Endlich - heute geht es ans Kaffeeverkosten bei der COMSA. Als Basis für viel Kaffee entschiedenen Gerrit und ich uns, das gestrige Frühstück zu wiederholen. Heute gab es bei Nancy sogar noch eine Steigerung: heiße Waffeln und Früchte. Ich gönnte mir eine grosse Waffel mit viel Schlagsahne, Früchten und Bananenkuchen. Irgendwie muss das zu erwartende Koffein aufgefangen werden, mein Rezept lautet: Futtern was das Zeug hält ;)

 

Im Trockenbeneficio bei COMSA ging es an ans "Eingemachte". 30 Samples hatte Nelson, Röster und Cupper von COMSA für uns vorbereitet. Einige davon Microlots (einzelne Varitäten von Farmern), einige Blends (Mischungen von Varitäten und Farmern) von COMSA und einige Kaffees von APROLMA. Die Kaffees von APROLMA sind insofern für uns spannend, dass es immer gut ist, möglichst viel zu cuppen, zum anderen weil ein befreundeter Röster von uns in Dänemark sehr interessiert ist an diesen Bohnen.

 

Rodolfo hatte uns schon am Tag zuvor gesagt, dass wir nicht alleine cuppen werden, da noch besuch aus Australien da ist. So dass wir gemeinsam mit zwei Leuten von Seven Seeds die Nase prüfend über das Kaffeemehl hielten und gemeinsam schlürften.

 

Die erste Runde hielt 8 Samples für uns bereit. Nelson - ca. mitte 20 hat 2 Jahre lang eine Kaffeeschule, Schwerpunkt Cupping besucht und dort das Samplerösten und Verkosten gelernt. Lilliana und Marcos waren ebenfalls da. Da aktuell erst die Kaffees aus den tieferen Lagen geerntet und aufbereitet sind, war jetzt nicht jedes der Samples 86 oder mehr Punkte wert, aber die Nummer 8 war toll: süsse Brombeeren, Schokolade, mittlerer bis guter Körper und Süsse, mittlere Säure. Meiner Meinung nach ein perfekter Kandidat für einen erstklassigen Espresso. Die Tasse war noch nicht ganz ausbalanciert, da der Kaffee jedoch erst 2,5 Tage zuvor in das Trockenbeneficio gebracht wurde kein Wunder.

 

Die Zwei von Seven Seeds sahen das übrigens genauso und grinsten nur und fragten "Was ist das denn?".

 

Damit war die 1. Runde im "Ich will haben" Spiel eingeläutet.

 

Die zweite Runde, dieses Mal mit 12 Samples bestückt hielt ebenso ein, zwei grossartige Überraschungen für uns alle bereit. Angefangen mit Cuppen hatten wir um 8:00 Uhr, mittlerweile war es 10:30. Kaum waren wir fertig, gingen die Zwei von Seven Seeds los - Termine. Mit ihnen verließen ein Pärchen aus Nicaragua den Raum. Die Beiden übersetzen ins Spanische und waren ihre Gastgeber. Wir blieben zurück und schauten uns leicht verwirrt an, keiner von uns wußte ob oder wann sie zurück kommen. Damit Nelson das Ganze nicht zweimal machen mußte, bat ich Gerrit ihm zu sagen, wir würden warten und später gemeinsam weiter cuppen. Nachdem Rodolfo und Gerrit auch kurz die Köpfe zusammen gesteckt hatten, war der weitere Tagesablauf klar. Wir machen einen Ausflug in ein Naturschutzgebiet und dann sehen wir mal weiter.

 

Knapp 20 Minuten später standen wir mitten in einem Wald, 110 ha geschützte Fläche. Fantastisch. Rodolfo ging mit raschen Schritten voran, wir Gringos hinterher, die Sonne, die langsam aber sicher Ihr Tageshoch erreichte, sorgte dafür, das uns warm wurde und der Hamburger Winter extrem weit weg erschien, wenngleich der dieses Jahr sehr mild ist. 27 ° C sind aber einfach doch was anderes. Schmetterlinge, Vögel und Eidechsen huschten bzw. flogen umher, die Luft war wunderbar waldig. Von einem kleinen oder mittleren Berggipfel (GPS hatte leider keiner von uns zur Verfügung), hatten wir einen perfekten Blick über die Landschaft und auf das Nassbeneficio von COMSA. Damit war natürlich unser nächstes Ziel auch klar.

 

Doch Plan ist nicht gleich Plan. Kaum gefasst, klingelte Rudolphos Handy, schließlich waren wir weit genug weg vom Gefängnis in Marcala.

 

Die Australier waren zurück im Cuppingraum - also ab zurück ins Trockenbeneficio.

 

Innerhalb der nächsten 2 Stunden haben wir die restlichen Samples gecuppt, an die Nummer 8, der ersten Runde reichte aber meiner Meinung nach nichts heran.

 

Happy und voller Koffein ging es dann zum Mittagessen: Bananenchips, Fleisch, Bohnen und Salat. Frisch gestärkt ging es danach mit Rudolpho in Nassbeneficio.

 

Kurz bevor wir die Einfahrt erreichten, nahm ein Ochsengespann mit einem vollbeladenen Wagen mit Kaffee den gleichen Weg. Pro Tag kommen im Moment 400 qq Kaffeekirschen / Pergamino hier an. 35 % des Kaffees erreicht das Beneficio als Kirschen, 35 % als Nass-Pergamino und die restlichen 30 % als Trocken-Pergamino. Gerrit der zuletzt vor zwei Jahren in Marcala war, staunte nicht schlecht und wies bloss nach rechts und links und meinte: "Das ist neu und das auch." Ich habe zwar nicht den direkten Vergleich, aber "Wow" - die Anlage ist der Wahnsinn. Neun Becken für Fermentation und Waschen, mehrere riesige Patios zum Trocknen und eine riesige Schlange mit Pickups, LKWs und dem Ochsengespann - Farmer die darauf warten ihre Ernte abzuliefern.

 

In ca. 4-6 Wochen wird unser Natural auch hier auf einem der Patios liegen und trocknen. Insgesamt 12 - 15 Tage wird das Trocknen dauern und dann wird er in einer eigenen Anlage vom Fruchtfleisch getrennt.

 

Dieses Jahr gibt es bereits 842 Mitglieder bei der COMSA (246 davon sind Frauen), einige besitzen 1 h, andere mehr und der gesamte Kaffee wird in dieser Anlage verarbeitet. Entsprechend gross ist das Lager: 2100 m2, 37 000 Sack Kaffee kann hier auf einmal verstaut werden. Insgesamt arbeiten im Lager neun Festangestellte, die täglich 400 Sack von A nach B bringen. Jeder der Arbeiter bekommt ca. 3000 lps / Woche für diese harte Arbeit. Gerrit hat sich mit einem von ihnen unterhalten, er macht den Job bereits seit 5 Jahren. Und wir stöhnen bereits wenn wir bei uns in der Rösterei einen Container mit 320 Sack bekommen. Keine Frage, der Job ist eine echte Herausforderung, aber die Bezahlung ist für honduranische Verhältnisse inkl. Sozial- und Krankenversicherung auch eine echte Chance. Die COMSA verarbeitet nicht nur eigene Kaffees, sondern auch für Andere, z.B. APROLMA.

 

Das Herzstück und der Besondere Stolz der COMSA ist die eigene Forschungsabteilung "Rincón Revolucionario COMSA", hier und auf der COMSA-eigenen Musterfarm "La Fortaleza" wird experimentiert was das Zeug hält: Mineralien werden katalagoisiert und auf ihre Wirksamkeit getestet, Microorganismen, Wurmbetten und alle möglichen Varianten von selbstproduziertem Flüssig- und Festdünger werden produziert und ständig weiterentwickelt. Insgesamt 6 Techniker sind nur damit beschäftigt, zu forschen und Mittel zu finden um Kaffeepflanzen zu stärken, die Produktion zu verbessern und gegen Krankheiten widerstandsfähiger oder sogar resistent zu werden. Gerrit und mir blieb ehrlich gesagt bei der Besichtigung die Spucke weg. kein Wunder dass viele Kaffeefachleute aus Guatemala, Kolumbien, El Salvador und natürlich Honduras uvm. Schlange stehen um mit den Verantwortlichen der COMSA zu reden und zu lernen.

 

Bei der Besichtigung konnten wir auch noch einen Blick auf die Afrikanischen Trocknungsbetten, die Kläranlage und das fantastische Tomatengewächshaus werfen.

Vollgepumpt mit Eindrücken ging es danach zurück ins Hotel. Heute ist der letzte gemeinsame Abend mit unseren Kollegen von El Rojito - morgen sitzen Magnus und Anne schon wieder im Flieger, Richtung Deutschland.

 

Morgen geht es dann weiter mit Farmbesichtigungen.