Indien 2023


Tag 2 (28.02.2023)

Vanamoolika-Rundgang, Farmbesuche - und die Sache mit den Tigern

Nach dem dringend benötigten Schlaf begann heute um 08:30 mein erster Tag bei Vanamoolika bzw. Organic Wayanad. Und zwar wie immer mit einem tollen Frühstück von Chackochans Frau Grace. Danach startete ich dann mit George zu einem Rundgang über das Gelände. Das mache ich mittlerweile – ebenso wie das tägliche Checken des lokalen Kaffeemarktpreises in der Zeitung - bei jedem Besuch hier am ersten Tag, um mir einen Überblick zu verschaffen, Änderungen zu sehen oder einfach allen bekannten Leuten kurz Hallo zu sagen.

In der Woche vor meiner Ankunft hatte gerade der letzte Farmer seine frischen Kirschen bei Vanamoolika abgegeben. Nach dem Pulpen dieser finalen Charge war die Nassverarbeitung daher schon abgeschlossen und der Eco-Pulper bereits für die Reinigung und Wartungsarbeiten teilweise demontiert.
Der besagte gewaschene Kaffee lag zum Trocknen im ansonsten fast leeren, riesigen neuen Trocknungszelt. Diese Anlage, die  2022 errichtet und für diese Ernte das erste Mal in Betrieb genommen wurde, liegt etwas abseits im Wald auf einem neu hinzugekauften Geländeteil.

Nebenan hatten wir dann die Gelegenheit, den Arbeitern und Arbeiterinnen bei der Kurkuma-Ernte über die Schulter zu sehen. Kurkuma ist neben Kaffee und Pfeffer eines der wichtigsten Exportprodukte von Vanamoolika.

 

Auf dem Weg durch den Wald blieb George dann plötzlich stehen, deutete auf den Boden und erzählte mir – fast schon etwas beiläufig- dass hier im letzten Sommer 2022 der Fußabdruck eines Tigers entdeckt wurde. Nachdem sie das Wayanad Forest Department informiert hatten, wurde das Tier aber nicht mehr dort gesichtet. Elefanten als „Problem“ waren mir ja bereits bekannt, aber Tiger waren dann doch nochmal eine andere Hausnummer. Zumal Vanamoolika so weit vom nächsten Wald entfernt liegt, dass es hier eigentlich nie Besuche von Großwild gibt. Daher hakte ich an der Stelle dann doch noch mal etwas genauer nach.

 

Es kommt in letzter Zeit anscheinend immer häufiger vor, dass in Wayanad Tiger auch in weiter von Wäldern entferntem Farmgelände gesichtet werden. Grund hierfür ist die wachsende Population, die die Tiere auf der Reviersuche immer weiter in Richtung der dichter besiedelten Gebiete drängt. Laut Wissenschaftler*innen wäre in Wayanad in den Waldschutzgebieten Platz für Reviere von knapp 30 Tigern. Laut Schätzungen soll die Zahl aber schon weit darüber liegen. Und das führt zwangsweise zu Konflikten, wie man sie von überall kennt wo Mensch und (geschütztes) Tier außerhalb dessen natürlichen Refugiums aufeinanderstoßen. In Deutschland kennt man das ja im Zusammenhang mit Wölfen. Für nachweislich von Tigern gerissene Nutztiere wie Kühe und Ziegen werden auch hier Kompensationszahlungen geleistet. Im Gegensatz zu Deutschland kommt es in Wayanad aber mittlerweile häufiger auch zu - teilweise tödlichen - Attacken von Tigern auf Menschen. Gerade erst im Januar 2023 wurde knapp 20 Kilometer entfernt in der Nähe von Mananthavady ein Kaffeebauer einer anderen Organisation morgens um 10:30 auf seiner Farm bei der Kaffee-Ernte von einem Tiger angefallen und so schwer verletzt, dass er auf dem Weg ins Krankenhaus verstarb. Oppositionsparteien und verunsicherte Bewohner*innen fordern daher bereits vehement, dass diese Tiere zum Abschuss frei gegeben werden.
In Panik verfällt hier deshalb glücklicherweise niemand. Mehr Wachsamkeit ist zumindest aus meiner Sicht ab jetzt aber ganz bestimmt angezeigt.

Nach diesem kleinen, wäldlichen Exkurs in die lokale Fauna ging es nun thematisch wieder zurück zur Flora, bzw. in die große Lagerhalle und dem nach der Trocknung dort eingelagerten Parchment Kaffee, von dem ein sehr großer Teil von Quijote gekauft wurde. Die weißen Säcke liegen dort vor Sonnenlicht geschützt und wetterfest auf Paletten und warten auf die Weiterverarbeitung in der Hullingmaschine. Diese lief bereits auf Hochtouren. Eigentlich sollte daneben als nächster Verarbeitungsschritt die neuen Gradingmaschine stehen. Tat sie aber leider nicht, obwohl sie einen Tag vorher angeliefert werden sollte. Auf telefonische Nachfrage beim Lieferanten erhielt Chackochan in der Zwischenzeit dann leider die Nachricht, dass sich der Liefertermin um eine Woche auf nächsten Montag verschoben hatte. Der Prozess wird dadurch aufgrund der höheren Kapazität des Graders insgesamt nicht ins Stocken geraten und der Zeitverlust wahrscheinlich überschaubar bleiben. Da ich aber bereits am Sonnabend abreise, wird es mir nun leider nicht möglich sein, mir den neuen Prozess vor Ort anzusehen. Das war wirklich sehr ärgerlich!

Ein Abstecher in die benachbarte Verarbeitungsstation für den schwarzen Pfeffer sorgte dann aber wieder für etwas Freude im Gesicht. Insbesondere der fermentierte Pfeffer war der Hammer! Eine wahre Geschmacksexplosion. Geiles Zeug und wir hoffen es bald wieder in unserem Onlineshop bei Quijote anbieten zu können.

 

 

 

Nach dem sehr reichhaltigen Lunch ging es dann zu den ersten beiden Farmbesuchen dieser Tour. Nachdem diese bei der letzten Reise aufgrund der Jahreszeit sehr kurz gekommen waren, freute ich mich sehr auf diese Besuche. Bei der Auswahl der Farmer hatte ich darum gebeten, Produzenten zu besuchen die aufgrund unterschiedlicher Probleme bei der aktuell abgeschlossenen Ernte nicht die erwartete Menge bei Vanamoolika einbringen konnten.

 

Unser erste Besuch führte uns zu Mathai E J. Er stand 2022 vor dem Problem, am Tag der Ernte nicht genügend Erntehelfer*innen zum Pflücken und Sortieren der reifen Kaffeekirschen zu bekommen. Wir saßen relativ lange in seinem Haus und diskutierten das Problem sowie mögliche Lösungsansätze. Nach einigen Getränken und selbstgebackenen Snacks machten wir dann noch einen Abstecher auf die Farm. In diesem Fall war es für mich das erste Mal, dass sich das Wohnhaus nicht auf der Farm befindet, sondern räumlich getrennt entfernt liegt. Wir liefen etwas durch die sehr gepflegte Pflanzung und begutachteten den gerade frisch durchgeführten Rückschnitt der Robustabäume (Pruning).

 

Danach begaben wir uns zu Farmer Elikutty E J. Er hatte 2023 aufgrund zwischenzeitlichem Regens und der darauf folgenden Blüte Probleme mit der Ernte und konnte daher nicht die gewünschte Menge einbringen.
Nach einem ebenfalls längeren Gespräch und kurzem Blick auf die ebenfalls gepflegte Farm machten wir uns wieder auf dem Weg zurück zu Vanamoolika.