Indien 2022


Tag 1 und 2: Anreise nach Indien

Nach über zweieinhalb Jahren coronabedingter Pause stand nun endlich meine nächste Reise nach Indien auf dem Plan. Ich freue mich sehr, unsere Partner*innen von Organic Wayanad und Vanamoolika nun zum fünften Mal für Quijote Kaffee zu besuchen.
Bei dieser Reise entschied ich mich letztendlich für eine vergleichsweise schnellere aber auch anstrengendere Variante mit Emirates von Hamburg über Dubai und dann mit IndiGo weiter nach Kozhikode an der Malabarküste.

 

Das erste Problem gab es bereits am Tag vor der Reise, denn der Online-Checkin bei Emirates klappte nicht und ich musste am Abreisetag vor Ort am Counter einchecken. Dementsprechend früh machte ich mich daher auf den Weg zum Flughafen Fuhlsbüttel, wo ich bereits mehr als drei Stunden vor dem Abflug um 15:30 Uhr eintraf. Anscheinend war ich aber nicht der einzige Passagier der von diesem Problem betroffen war, denn die Warteschlage vor den Emirates Schaltern zog sich bereits durch das halbe Terminal. Erstaunlicherweise dauerte es dann doch „nur“ eine Stunde bis der Check-In erledigt war. Eine knappe dreiviertel Stunde später hatte ich dann auch den Security-Check erledigt, die extrem lange Schlange ließ auch hier deutlich Schlimmeres befürchten.
Der Flug mit Emirates verlief wie gewohnt sehr entspannt bei gutem Boardservice und Entertainmentprogramm. Ich entschied mich für eine richtig gute Bob-Marley-Dokumentation sowie einen Dreiteiler über die Entwicklung von Compton in L.A vom gutbürgerlichen Vorort der 1960er zu einem der US.-Hotspots für Gangkriminalität in den 80er und 90er Jahren. Upps, schon war ich knappe sechs Stunden später um 00:30 Uhr Ortszeit in Dubai gelandet.
Dort musste ich dann von einem Terminal zum anderen wechseln und dazu auch einmal durch die Immigration. Seit ein paar Jahren benötigt man für die Vereinigten Arabischen Emirate immerhin kein Visum mehr. Leider fahren nachts allerdings die Flughafenzüge zwischen den Terminals nicht, so dass ich für den Transfer ein Taxi nehmen musste. Beim Verlassen des vollklimatisierten Flughafens traf mich dann der Schlag: Um 2:00 Uhr nachts herrschten hier unglaubliche 39 (!) Grad bei über 80% Luftfeuchtigkeit. Das war richtig krass und ich war froh, als ich nach ein paar Minuten endlich schweißgebadet in ein klimatisiertes Taxi steigen konnte. Im Flughafen dann erneuter Check-In am Schalter von IndiGo, Online ging nicht, scheint etwas persönliches zwischen mir und den Airlines zu sein 😊 Dort wieder eine Mega-Schlange, denn diese Flüge werden hauptsächlich von indischen Gastarbeitern genutzt und die enorme Menge an Aufgabegepäck in Form von riesigen Kisten, Kartons und Bündeln führt zu entsprechend langen Wartezeiten. Auch hier war ich nach einer Stunde und weiterem Security-Check froh über meinen ausreichenden Zeitpuffer.
Im gesamten Flughafen hatten übrigens alle Shops und Gastroeinrichtigungen auch nachts geöffnet, so dass ich mir sogar noch ganz bequem ein lang ersehntes und hart erschwitztes Wartezeitbier vom Fass gönnen konnte.

 

Nach knapp fünf Stunden ging es dann um 04:30 Uhr mit IndiGo weiter. Beim Betreten des Flugzeugs erwartete mich die nächste Überraschung in Form von dichtem Nebel, man konnte die eigene Hand vor Augen kaum sehen. Das Ganze erinnerte mich zumindest optisch ein wenig an die alten Raucherwaggons in den Silberlingen der Bundesbahn. Es war aber natürlich kein Rauch, sondern kondensierte Luft aus der Klimaanlage. Grund hierfür waren die extrem hohen Außentemperaturen. Aus Sicherheitsgründen musste die Klimaanlage dann auch zum Start ausgeschaltet werden, da ansonsten die Securityperformance der Flugbegleiter*innen im Nebel versunken wäre. Nach weiteren vier unbequemen Stunden erreichten wir um 10:00 Uhr Ortszeit endlich den Flughafen von Kozhikode.
Der Flughafen wurde in der Zwischenzeit komplett modernisiert. Die ehemals ziemlich heruntergekommene Immigration-Höhle ist einer großen Halle mit über 20 Schaltern gewichen. Auf meinen vergangenen Reisen habe ich hier bei der Einreisekontrolle schon ein paar merkwürdig-amüsante Dinge erlebt. Diesmal kam die Überraschung in Form einer Lautsprecherdurchsage. Mit etwas Glück konnte ich auf dem Weg zur Toilette aus einem Schwall mir unverständlicher Worte auch meinen Namen und die strenge Aufforderung „Go to counter four immediately“ heraushören. Also lieber Kehrtwende und schnellen Schrittes in Richtung besagter Passkontrolle gestratzt. Dort an Schalter 4 erwartete mich dann bereits…niemand. Der Mensch an Schalter 3 zuckte nur mit den Schultern, es passierte erstmal gar nichts. Nach erneutem Blickkontakt nahm dann Schalter 3 per Mobiltelefon Kontakt mit Schalter 10 auf. Der Mensch von Schalter 10 machte dann wiederum wild gestikulierend einen Polizisten der hinten an der Wand lehnte auf mich aufmerksam. Leider wusste aber im Endeffekt niemand, was genau ich denn nun an Schalter 4 machen sollte. Ein weiteres Telefonat später kam dann ein weiterer Mitarbeiter aus einer Tür und führte mich zu einem Tisch mitten in der Halle. Ich musste dann unter Aufsicht das mir bereits bekannte Einreiseformular für Ausländer ausfüllen. Danach wurde ich vom sehr netten Helfer Nummer 4 ans andere Ende der Halle zu Schalter Nummer 24 gebracht - der wahrscheinlich sowieso von Anfang gemeint war. Dort musste ich dann auf eine Art Podest steigen und in ziemlich exponierter Position auf einem Stuhl zum Verhör Platz nehmen. Danach folgte das übliche Frage -und Antwortspiel: „Was machen Sie in Indien? Wohin reisen Sie in Indien? Wie lange bleiben Sie in Indien? Wer ist ihre Kontaktperson in Indien? Was machen Sie beruflich? Stammen Ihre Eltern oder Großeltern aus Pakistan?“ Anschließend wurden dreimal meine Fingerabdrücke von beiden Händen und beiden Daumen genommen und zwei Fotos gemacht und die dreiseitige Corona- Selbstauskunft geprüft. Ziemlich aufwändig- nerviges Prozedere, aber beim Anblick der hochprofessionell mit Klebeband befestigten Digitalkamera musste ich auch schon wieder Schmunzeln. Natürlich lieber nur innerlich.

 

Nach Geldwechsel (Dollar gegen Rupien, Herausgabe nur gegen Quittung auf Reisepasskopie) war es dann endlich geschafft. 20 Minuten und zwei Telefonate später fand ich im Gewusel vor dem Flughafen schließlich auch den Fahrer von Vanamoolika. Easy!
Die Fahrt vom Flughafen zu Wayanad dauert je nach Tageszeit und Verkehrslage meistens zwischen 3 und 4 Stunden. Aufgrund der Regenzeit waren diesmal relativ wenig Zweiräder und Fußgänger*innen unterwegs und dementsprechend kamen wir erstmal ganz gut voran. Der erste Teil der Strecke ist geprägt von einem endlos scheinenden Siedlungsband entlang der Straßen. Wie ein Dorf ohne Anfang und ohne Ende. Das ändert sich plötzlich, wenn es über eine steile Serpentinenstraße hinaus auf die Hochebene nach Wayanad geht. Hier hat man von verschiedenen Aussichtspunkten einen fantastischen Blick auf die Landschaft. Leider war diesmal das Wetter nicht so gut, so dass es sich nicht lohnte wie sonst für ein paar Fotos auszusteigen. Der Stopp am berühmten „Gate to Wayanad“ musste aber trotzdem sein.
Kurze Zeit später brach dann der erste Monsunschauer über uns herein. Wolkenbruchartige Regenfälle verwandelten die immer enger und schlechter werdenden Straßen innerhalb von Minuten in eine Seenplatte, die Weiterfahrt war zunächst nur im Schritttempo möglich. So zog sich die restliche Fahrt dann noch ziemlich hin und ich war nach über 24 Stunden Reisezeit froh, als wir endlich auf das Gelände von Vanamoolika rollten.
Dort wurden wir bereits von Chackochan (Vanamoolika) und George (Organic Wayanad) erwartet. Nach zweieinhalb Jahren ohne gegenseitigen Besuch war die Wiedersehensfreude entsprechend groß und es gab viel zu erzählen. Nach einem wie immer fantastischen Essen, das komplett aus Zutaten aus eigenem Bio-Anbau zubereitet wurde, verabschiedete ich mich dann müde und zufrieden in eines der Gästezimmer.
So, lange Reise, viele Worte.
kāṇāṁ

(das war Malayalam)
Gute Nacht und bis morgen!