Brasilien 2023


Tag 3

Heute ging es früh los um zwei Produzenten in Campestre und in der Nähe von Pocos de Caldas zu besuchen.

Um 7:30 traf ich Marina bei der COOPFAM und nutzte die Gelegenheit für ein Gespräch mit Endrigo, der für die Bio-Dokumentation und Zertifizierung zuständig ist. Wir tauschten uns über die Trainings und Fortbildungen zu neuen internationalen Zertifizierungs-Regularien aus. Insgesamt habe ich den Eindruck bekommen, dass die Kooperative sehr gut vorbereitet ist für neue EU-Anforderungen und wir auch in Zukunft weitere Verträge abschließen werden können.

 

Gegen 8:30 machten Marina und ich uns auf den Weg Richtung Campestre zum Sítio von Itamar Ceixeta. Nach einem kurzen Empfang mit Wasser und Obst sind wir gleich durch die Parzellen gelaufen während Itamar über seine Pflanzen, Methoden und Geschichte erzählte. Sein Sítio ist aufgeteilt auf 4 Talhões (Parzellen) mit insgesamt etwa 3 ha. Seine Pflanzen sehen sehr gut aus und er benutzt ziemlich viele Bäume für den Schattenspende. Von Itamar haben wir bei dieser Ernte auch einen sehr floralen und süßen Microlot (zwei Säcke) bekommen.

Itamar hat seine komplette Produktion vor vier Jahren auf den Bioanbau umgestellt ist sehr zufrieden mit den Ergebnissen. Er erzähltem dass er nun weniger Arbeit hätte, da der Boden und die Pflanzen gesünder und weniger krankheitsanfällig wären als zuvor. Nur bei der Ernte ist viel zu tun, weil er großen Wert auf Qualität setzt und alles händisch und selektiv erntet (mit Hilfe von 1 bis 2 Saisonarbeiter*innen).

Ich fragte ihn was ihn motiviert habe vor 5 Jahren der Kooperative beizutreten:

Er hatte zuvor viele schlechte Erfahrungen mit Atravessadores (Coyotes) und kleinen Händlern gemacht. Diese waren nie transparent und ehrlich in Bezug auf die Kaffeequalität, es gab Fälle von Betrug (z.B. duch falsch geeichte Waagen). Falsch auf seinen Namen ausgestellte Kaufverträge bewogen ihn dann endgültig dazu in die Kooperative einzutreten, wo die Erfahrungen deutlich besser waren und er auch Klarheit über die Qualität seines Kaffees bekam. Die Agronom*innen der COOPFAM unterstützten ihn auch bei der Umstellung auf den Bioanbau.

Bei einem Kaffee zusammen mit seiner Frau Roseli unterhielten wir uns weiter über alles mögliche. Spannend war die Geschichte über den legendären Grundbesitzer Zeca da Pedra, der vor etwa 100 Jahren in der Gegend gewohnt hatte und angeblich einen Pakt mit dem Teufel gehabt haben soll. Die Geschichte war eine Art Mischung aus 100 Jahre Einsamkeit und Goethe's Faust :D

 

Anschließend fuhren Marina und ich wieder in die Stadt Campestre um uns mit Pedro, Agronom bei der COOPFAM, zu treffen. Pedro zeigte uns die intern bei COOPFAM entwickelte App, die die Agronom*innen bei den Farmbesuchen nutzen. Man sucht in der App die Produzent*innen über den Name und dann wird ein Satelitenbild vom Sítio mit den entsprechende Talhões und Koodinaten angezeigt. Als nächster Schritt ist geplant, dass auch die Besuchprotokollemit der App erstellt werden können und damit auf die Papierform verzichtet werden kann.

Wir aßen zu dritt in einem kleinen Restaurant fuhren dann zu der Farm von Marcos und seinem Sohn Paulo. Marcos ist bereits in der Rente, arbeitete aber sein Leben lang als Agronom und hat sein geerbtes Sítio von 30 ha mit fünf Familien geteilt (über Pachtverträge). Alle Pachtproduzent*innen sind auch Mitglieder der Kooperative und haben zusammen ihre Produktion von konventionellen zu Bioanbau umgestellt Für Marcos als Agronom war (und ist) dieser Prozess besonders spannend, da auch für ihn viele ökologischen Methoden und Prozesse neu waren und vieles lernen und umdenken musste. Sein Sohn Paulo hat Forstwirtschaft mit Fokus bei Agroforstwirtschaft studiert. Er probiert viele neue und experimentelle Methoden aus und will ein Teil seiner Beobachtungen als Basis für seine Doktorarbeit nutzen. Leider waren seine Flächen in den letzten zwei Jahren stark von Frost betroffen und erholen sich erst jetzt wieder langsam. Es ist spannend zu sehen was dort alles gemacht und umgesetzt wurde:

Ein Hybrides Wassersystem für ein Gewächshaus, eine Fischzucht und ein zukünftiges Haus

Eine Regenwurmzucht und eine Bienenzucht

Eine Produktionsstätte für Biokohle aus Pflanzenmaterial

Ein eigener kleiner Probat-Röster

 

Abends fuhren wir mit vielen neuen Eindrücken wieder zurück nach Poço Fundo.