Ecuador 2022


Revolte in Ecuador / Unsere erste Ursprungsreise seit COVID verspricht aufregend zu werden
Mittlerweile ist es fast 2 1/2 Jahre her, dass wir eine unserer Partnerkooperativen besucht haben. Nachdem Steffi im Frühjahr 2020 durch das weltweite Reisechaos in Honduras gestrandet war und mit einem Evakuierungsflug der Bundesregierung zurückflog haben wir unsere Reisen unterbrochen.
"Gerettet" hat uns über diese Zeit, dass wir in allen sechs Ländern zu allen 11 Partnerkooperativen bereits so gefestigte und langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit etabliert hatten, dass wir mit Kommunikation per Videotelefonie immer in gutem Kontakt blieben. Wir sind aber sehr erleichtert, dass wir uns nun entschieden haben die Reisen wieder aufzunehmen.
Ziel der Reise nach Ecuador sind in erster Linie Besuche und Austausch bei unseren drei Robusta-Partnerkooperativen Jatari, Waylla Kuri und ASOSUMACO. Insbesondere Jatari hat einen riesigen Schritt nach vorne gemacht und hat nun dank der Zusammenarbeit mit uns und der Unterstützung durch die italienische NGO "ENGIM" eine eigene Trockenverarbeitungsanlage. Das bedeutet, dass sie ihren Kaffee selber exportfertig vor Ort aufbereiten können. Damit bleibt mehr Wertschöpfung in der Kooperative und die Kontrolle über die Qualität wird stark verbessert. Darüber hinaus sind Treffen mit unterschiedlichen Produzent*innenorganisationen und Wissenschaftler+innen geplant, um über die Zertifizierung der indigenen Anbaumethoden in den Chakras zu sprechen. Diese gehen mit ihrem Verbot von den Pilzschutzbehandlungen mit Kupfer und Schwefel und dem Verbot der Abholzungen für Landwirtschaft weit über unsere Bio-Standards hinaus bzw. ergänzen sie mit wichtigen Punkten.
Ob diese Reise vor Ort dann aber so abläuft wie geplant, steht noch in der Sternen. In Ecuador gibt es seit Montag dem 13. Juni einen massiven Aufstand inklusive Generalstreik. Dieser wurde vom Dachverband der indigenen Organisationen CONAIE ausgerufen. Seit diesem Tag ruht das wirtschaftliche Leben in Ecuador nahezu komplett. Grund sind massive Straßenblockaden im gesamten Land durch indigene Organisationen, welche durch verschiedene soziale Bewegungen, Student*innen und einige Gewerksaften unterstützt werden. Selbstverständlich auch durch die Mitglieder unserer Partnerorganisationen.
Grund für die Revolte ist die seit der Corona-Pandemie zunehmende und die sich nun durch verteuernde Preise eskalierende Verarmung großer Teile der Bevölkerung. Indigene sind hier zuallererst betroffen, aber auch sehr gut organisiert. Und so sind sie durchaus in der Lage, sich zu wehren und Forderungen zu stellen. Diese sind:
1.) Senkung und gleichzeitiges Einfrieren der Treibstoffpreise.
2.) Senkung der landesweiten Zinssätze sowie Verzicht auf Pfändungen, um damit vier Millionen Familien im Land zu entlasten.
3.) Faire Preise für landwirtschaftliche Produkte, um die Existenzgrundlage der Produzent*innen zu gewährleisten.
4.) Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und verbesserte Rechte für Arbeitnehmer:innen.
5.) Einen verbesserten Schutz der Ökosysteme, ein Moratorium für die Ausweitung von Bergbau und Erdölförderung sowie Entschädigungen für deren soziale und ökologische Auswirkungen.
6.) Die Achtung der Rechte der indigenen Völker, die Wahrung ihrer Selbstbestimmung und eine garantierte zweisprachige Erziehung.
7.) Stopp der Privatisierung strategischer Sektoren wie Straßen, Wasserkraftwerke und des Gesundheitssektors.
8.) Kontrolle der Spekulation und des Missbrauchs von Grundnahrungsmitteln und -produkten.
9.) Ein vergrößertes Budget für Gesundheit und Bildung.
10.) Verbesserte öffentliche Sicherheit, um Auftragsmorde, Entführungen und Drogenhandel im Land zu bekämpfen.
Der Präsident Ecuadors, der ehemalige Banker und extrem konservative und neoliberale Abtreibungsgegener Lasso setzte dagegen auf Repression und ließ den Präsidenten der CONAIE Leonidas Iza verhaften und 50.000 Militärs und Polizist*innen mobilisieren um den Aufstand zu beenden. Dies sorgte dann für eine weitere Radikalisierung des Protestes.
Nahezu alle Straßen des Landes sind durch Aufständische blockiert und Reisen erscheint momentan unmöglich. Pingo ist dennoch nach Ecuador gereist und versucht alles was möglich ist.