Honduras 2024


Anreise - Steffi packt wieder ihren Duffel* und macht sich auf den Weg. (06.-07.05.2024)

Mit drei Monaten Verspätung und nach acht Monaten geht es endlich wieder nach Honduras.
Die Ernte ist komplett durch, die Verarbeitung und Export zum Großteil auch, aber egal – so viel Flexibilität muss sein. So oder so eine Reise zu COMSA hat sich bisher immer gelohnt und erst recht für unser Quijote Sortiment.
Unsere Einkaufsliste ist lang, unsere ToDo-Liste für das gemeinsame Natural-Projekt mit COMSA ist noch länger, der Umfang der offene Fragen, Ideen, Kommentare, wilden Spekulationen und der benötigte Platz für die tatsächlichen noch kommenden Konsequenzen für unzählige Kaffeeländer und die Beteiligten in der Kaffeebranche bzgl. EUDR könnten es vermutlich mit Prousts Umfang der Triologie „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.“ locker aufnehmen.
Dies ist der Rahmen der Reise.
Wie immer beginnt alles mit der Anreise.

Flughafen Hamburg
Flughafen Hamburg
Panama am Tag
Panama am Tag

Auf nach Panama

Wann hat man schon einmal Zeit bzw. die dafür notwendige Ausdauer 5 Filme hintereinander zu schauen? Dank KLM bekam ich am Montag auf dem Flug von Amsterdam nach Panama Gelegenheit dazu.
Bei mir gab es zuerst „Let Them All Talk“, danach „Das Menü“, als nächstes „Poor Things“, anschließend „Barbie“ und zuletzt „300 - Rise of an Empire“. In der Summe wurde es zum Schluss fast noch knapp mit der Zeit, um noch meine Ohrstöpsel einzustöpseln, Risse bzw. geplatzte Trommelfelle in der Vergangenheit sind genug Anreiz um beim Flug immer die Uhr im Blick zu haben.
Angekommen in Panama  - Lange Schlange bei der „Immigration“. Dank 20 geöffneten Schaltern ist alles entspannt und zügig.
Der einzig verwirrende Moment am Flughafen ist meine Gepäck-Quittung aus Hamburg. Diese bezieht sich auf Hamburg, Amsterdam, endet aber explizit in Panama. Wie so oft werden in mir Zweifel geweckt, geht mein Gepäck trotzdem direkt nach Honduras oder muss ich meinen Duffel einsammeln und am Dienstag erneut in Panama Gepäck aufgeben. war etwas verwirrend, da sie sich nur auf Hamburg bis Panama bezog. Am Band drehten einige verschmähte Gepäckstücke einsam und beinahe geräuschlos ihre Runden. Die große Halle war so gut wie leer. Ich saß sehr weit hinten im Flugzeug und war eine der letzten in der „Immigration“. Ein sehr netter Mitarbeiter der Gepäckstelle „Verloren und gefunden“ bestätigte nach kurzer Wartezeit meine Vermutung: Das Gepäck geht direkt durch bis nach Honduras. Also alles ok.
Der Suchende vor mir hatte offensichtlich weniger Glück. Das vorherige Gespräch zwischen ihm und dem Mitarbeiter des Flughafens war nicht zu überhören, sein Gepäck würde erst in 24 in Panama ankommen, da es aus seinem Abflugort nur einen Flug pro Tag gibt.
Der Mann blieb zwar ruhig und äußerte sich auch verständnisvoll gegenüber dem Flughafenmitarbeiter, allerdings bat er auch um Verständnis für seine Situation:
Sein Schiff würde in weniger als 24h ablegen und es würde nicht auf sein Gepäck warten können und er würde erst in einem Monat nach Panama zurückkehren. Er hätte nur die Kleidung, die er gerade trug und einigen Kleinkram in seinem kleinen Rucksack dabei. Was für eine Konstellation!
Beide verabschiedeten sich höfflich voneinander ohne eine Lösung für dieses Problem zu haben.
Ich hatte danach noch einige für mich nervende Momente beim Zoll bzw. dem nicht vorhandenen Shuttle-Service des Hotels, was ich mir explizit aufgrund von diesem Angebot und niedrigem Preis ausgesucht hatte. Aber letztendlich war es der langen Wach-Sein-Zeit geschuldet, 25 h ohne Schlaf sind nicht gut für die Wahrnehmung.
Am Ende habe ich eine sehr nette, sicher fahrende Taxifahrerin namens Nancy kennengelernt.
Die ich mit Sicherheit per Whatsapp anschreibe, falls ich einmal wieder in Panama bin.
Nach 11 h im Bett war alles wieder fein und meine Neugierde wieder geweckt.
Nancy hatte mir am Abend schon einiges über Panama Stadt erzählt, alles für mich überraschend, da ich mich nullkommanull informiert hatte: Es gibt Gezeiten in einigen Gebieten in Panama, ewig weite Schlammflächen mit kleinen Rinnsalen, die das künstliche Licht der Stadt und das natürliche Licht des Mondes reflektieren. Am Morgen sind die gleichen Flächen normale Wasserflächen, über die große, breite Brücken führen.
Panama gewinnt über 60 % der Energie aus Wasserkraft und eine Haupteinkommensquelle des Landes ist der berühmte Panamakanal, aufgrund der Entwicklung des Klimas und den aktuellen Auswirkungen von El Niño fehlt es jedoch massiv an Wasser. Der Schiffsverkehr im Panamakanal ist gravierend betroffen, aber leider auch die Wasserversorgung im Land und selbst in der Hauptstadt. Nancy erzählte mir, dass einige der älteren Stadtteile massive Einschränkungen haben, da die neuen und teurer gebauten Siedlungen höher priorisiert werden.
Eine kurze Internetrecherche bot eine Vielzahl an Artikeln über Demonstrationen betroffener Anwohner*innen. Aufgrund begrenzter Internetzeit am Flughafen kann ich mich nicht auf eine sichere Quelle beziehen, in einem Artikel wurde jedoch erwähnt, dass eine konkrete Gegenmaßnahme sei, Testflüge und das Impfen / Beschießen von Wolken durchzuführen, um Regen gezielt zu erzeugen.
Die Hitze am Morgen (8:45 Uhr) war auf jeden fall nicht sehr verlockend, Nancy meinte Mittags sei es die „Hölle“ und sie verlässt zu dieser Zeit weder Gebäude oder Auto.
Strom ist aktuell nicht limitiert, so dass die Klimaanlagen auf vollen Touren liefen.

Bilder: Flughafen von Panama und Panama-Stadt bei Nacht

 

Dritter Flug und Ankunft in Honduras
Gestern hatte ich nicht die vollen Ausmaße des Flughafens mitbekommen und mein letzter Zwischenstopp hier liegt auch schon zig Jahre zurück, aber das „Ding“ ist gigantisch.
Ich versuche mir für weitere Reisen zu merken, dass eine Transitzeit von 1 Stunde hier völlig utopisch wäre.
Schmunzeln musste ich jedoch über die Erinnerung, die schnell wieder hochkam, dass mir dieser Flughafen wie 3 Klimazonen in einer kleinen Box erscheint. Mal fühlt es sich an wie 10° C, 10 m weiter 28° C und eine schier erschlagende Luftfeuchtigkeit von 70%, weitere 50m dann wieder 20°C und Seitenwind von rechts.
Jedes Geschäft oder triste Wand hier birgt ein eigenes Wetterspiel.
Abgesehen von ein wenig Quijote-Arbeit am Computer, gab es hier für mich zwei Highlights:
Zwei Flughafenmitarbeiter schoben achtsam und in einer Reihe drei hochbetagte Nonnen, die sich dank der Umsicht der „Fahrer“ ansehen und in einer fahrenden Reihe miteinander diskutieren konnten. Sehr geradlinig verschwanden sie nach einigen Momenten aus meinem Sichtfeld.
Zweites Highlight: Zwei Airlines versuchten im Fünf-Minuten-Takt Freiwillige für andere Flüge und 50 bzw. 150 US$ Prämie zu begeistern, inklusive Transit und Hotelübernachtung. Eine der Airlines war die, mit der ich meine Reise nach Honduras antreten sollte. Nach 50 Minuten und einigen Personen am Schalter, gab es anscheinend genug Umbuchungen, sodass die verbleibenden Passagiere mit einem Platz rechnen konnten.
Dies galt jedoch nicht für das Gepäck. Selten habe ich miterlebt, dass so viele Koffer und Taschen raus und aufgegeben werden mussten.
Der Flug war unterhaltsam und eigen: Ich saß am Gang, neben mir ein Kaffeeproduzent aus Chile und am Fenster eine Frau aus Honduras, ebenfalls Kaffeeproduzentin.
Die Frau Anfang 40 berichtete, dass sie 20 Manzanas besitzt und in den USA eine gute Arbeit hat und aktuell für 8 Tage zu Besuch nach Hause zur Familie zurückkehrt.
Die Arbeit in den USA ist offiziell und die Bezahlung gut genug, sodass sie einmal im Monat nach Hause zu ihrer Familie fliegen kann.
Mein direkter Sitz-Nachbar fragte nach ca. 3 Minuten, ob Quijote nicht Kaffee von ihm kaufen könnte. Er baut nur Geisha an. Nachdem ich ihn informierte, dass wir ausschließlich von Kooperativen kaufen würden, meinte er, dass ist ok.
Er könne mir auch großartige Weine oder den weltbesten Pisco besorgen. Auch er ist jetzt in meinen Whatsapp-Kontakten.
Falls ich es zeitlich einrichten kann, dann versuche ich an einem Call mit ihm und einer Freundin, die Bakteriologin in Kolumbien ist , teilzunehmen. Die Kaffeebranche ist bunt und sehr vielfältig, einer der Gründe für mich, warum diese Arbeit immer noch ein Privileg für mich ist.

In Honduras angekommen verlief am Flughafen alles reibungslos und Rodolfo der Geschäftsführer von COMSA begrüßte mich lächelnd. Mit Rodolfo und seiner Freundin ging es nach draußen und dieses „draußen“ hatte es in sich: 42°C.
Der Flughafen Palmerola liegt in Comayagua und hier ist es immer heißer als in La Paz (Marcala). Aber das hier, war mehr als heiß.
Bevor die Klimaanlage im Auto in Gang kam, wurde schon heißes Wasser aus einer Thermoskanne auf Kaffeemehl in eine Frenchpress gegossen. Wenig später hielt ich eine Porzellantasse mit einem frischgebrühten Natural Kaffee in der Hand. Was für ein Start.
Das war keine Prämie, aber dennoch grandios. Nach zwei Tassen war der größter Jieper gestillt. Ein leckeres traditionelles Mittagessen später war mein Magen und ich rundum glücklich.
Beim Verlassen der Stadt änderte sich das Wohlbefinden bei mir leider rasant. Ich war schon öfters hier, auch zu verschiedenen Zeiten im Jahr, aber die aktuelle Trockenheit der Landschaft ist für mich nicht in Worte zu fassen.
700 Höhenmeter Unterschied brachten mit der Fahrtzeit und der Ankunft in Marcala etwas Verbesserung, aber die nächste Ernte und die Perspektive verheißen vermutlich nicht sehr viel Gutes.
Ich bin gespannt und gleichzeitig auch etwas ängstlich, Fincas zu besuchen. Fotos sind das Eine, aber es selber sehen wird etwas anderes sein.
Wir legten noch einen kurzen Zwischenstopp im Beneficio Seco ein, dem Ort an dem aktuell 5-7 Container pro Tag mit Kaffees beladen und zur Verschiffung bereit gestellt werden. Kaffee trinken, Umarmungen, Scherzen und Termine fixen ist ein elementarer Teil meiner Reise.
Danach ging es in meine Unterkunft, erst zur Dusche und dann an den Rechner.

Morgen beginnen die ersten Verkostungen des Natural Projektes. Geplant ist vormittags verkosten, nachmittags auswerten und Farmbesuche vorbereiten.

Trockenheit auf dem Weg von Palmerola nach Marcala

                                                                                                           

 

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