Indien Januar 2024


Tage 4 und 5 Mensch und Tier

Dort kann man in Lodges nahe einer Wasserstelle oder sogar in Baumhäusern weiter oben in den Bergen direkt im Wald schlafen. Mit etwas Glück würden wir also heute Elefanten oder sogar Tiger aus nächster Nähe zu Gesicht bekommen.
Zunächst machten wir aber noch einen kleinen Abstecher zu einem Farmer, der als eine Art Guru, aber auch als „Kuhflüsterer“ gilt. Darum ging es direkt nach dem Frühstück auch schon los. Nach etwa einer Stunde Fahrt kamen wir an der Farm an, was uns sofort auffielen waren die Affen, die sich ringsum in den Bäumen aufhielten. Der Farmer, Sukumaran Unni, begrüßte uns vor seinem Haus mit einer Druckluftpistole (laut seiner Erklärung würde allein der Anblick der Pistole die Affen vertreiben). Wir bekamen einen Kaffee zu trinken und wir kamen ins Gespräch über seine aktuelle Situation. Die Affen sind für ihn und seine Farm in der Tat ein großes Problem. Da diese in den Wäldern kaum noch Nahrung fänden (durch die intensive Forstwirtschaft und die Baum-Plantagen in der Gegend), seien die Affen gezwungen sich anderweitig Nahrung zu suchen und verlassen deshalb den Wald. Eine gut florierende Farm, denn das war die Farm von Sukumaran Unni früher, war da natürlich wie ein Paradies. Dies hatte zu Folge, dass Sukumaran kaum noch Pflanzen zum Ernten hat, da die Affen alles wegfressen würden. Früher hatte er auch Kaffee an Vanamoolika geliefert. Auch das macht er nun nicht mehr. Er muss nun neue Konzepte und Ideen für den Lebensunterhalt entwickeln. Im Wesentlichen versucht er dies derzeit durch Unterbringung von Pilger-Gästen des nahegelegenen Tempels. Er plant aber auch weiter. Einerseits hat er ein komplett eingezäuntes und überdachtes Areal errichtet, in dem er bald Gemüse aller Art für den Markt anbauen möchte. Darüber hinaus sollen in Zukunft auch Studierende zu ihm auf die Farm kommen können, dort für einige Monate leben und arbeiten können und dadurch viel über den nachhaltigen Gemüse-Anbau, organischem Dünger usw. lernen können. Dafür hat er auch extra ein neues Gebäude mit Sanitär-Anlagen errichtet. Wir machten noch einen Spaziergang über das Gelände und verabschiedeten uns dann. Die Kuh-Flüsterer-Fähigkeiten konnten wir leider nicht erleben, die Kühe waren schon früh morgens auf die Weide getrieben worden.

Im Anschluss ging es dann zum Dschungelhaus. Wir kamen dort Mittags an, also konnten wir direkt zu Beginn unseres Aufenthaltes ein leckeres Lunch zu uns nehmen. Danach bezogen wir unsere Zimmer. Wir beide und Sam bezogen Lodges in der Nähe des Haupthauses, Martina und Jörg entschieden sich für eines der Häuser in den Bergen. Diese lagen 10-Minuten-Fahrt entfernt. Weil wir drei anderen auch neugierig waren, wie diese Berg-Baum-Häuser aussahen, fuhren wir kurzerhand in dem Jeep mit, der Martina und Jörg zu ihrer Hütte brachte. Die Fahrt war steil und steinig, das Ziel lag weit oben mitten in den Bäumen, von wo man einen weiten Ausblick über das Blätterdach des Waldes hatte. Während die beiden nun ihr Zimmer bezogen und sich kurz ausruhten, fuhren wir drei anderen wieder mit dem Jeep zurück und taten dort das gleiche.

Als es dann langsam zu dämmern begann, machten wir uns auf den Weg zu einer Beobachtungshütte an der Wasserstelle, die nicht weit entfernt von unserer Lodge lag. Auch Martina und Jörg stießen dort auch wieder zu uns. Wir waren natürlich sehr gespannt, ob sich Elefant und/oder Tiger blicken lassen würden. Doch auch nach fast 3-stündigem Ausharren war weder der eine noch der andere zu sehen. Immerhin sahen wir eine Menge Vögel, Axishirsche und sogar zwei Gaure (eine heimische Büffelart). Aber wir gaben die Hoffnung noch nicht auf, denn um 19 Uhr hatten wir noch eine Nacht-Fahrt mit einem Van des Resorts gebucht. Vielleicht konnten wir nun während dieser Fahrt endlich Schwans Fluch brechen (er reist seit 7 Jahren nach Indien, hat aber noch nie einen Elefanten gesehen, lediglich ein Hinterteil eines Elefanten, der auf einem LKW transportiert wurde). Doch auch nach 1,5-stündiger Fahrt auf allen möglichen Straßen in der Umgebung zeigte sich kein Elefant und auch kein Tiger. So kehrten wir ein bisschen enttäuscht zum Resort zurück, wo das Abendessen bereits auf uns wartete.
Nach dem Essen hatten wir jedoch Glück. Ani, der zum Personal des Resorts gehörte und in dem Gebiet auch Forschung zu Wildtieren betreibt, kam soeben von einer Tour durch das Gelände zurück und stellte sich im Gespräch mit ihm sehr schnell heraus, der ein schier unfassbares Wissen über die wilden Tiere, insbesondere über die Tiger in dem Gebiet hat und er erklärte und erzählte Allerhand Wunderbares und Wundersames über diese Tiere. Ohne hier nur im Ansatz alles wiedergeben zu können, zumindest aber das Highlight: Ani erzählte, dass während der Covid-19-Pandemie das Resort keine Gäste beherbergen konnte. Daher war Ani einer der wenigen Menschen, die sich in diesem Gebiet aufhielten und so ungestört seiner Forschungsarbeit nachgehen konnte. Über die Monate baute er durch viel Zeit, Ruhe und Respekt ein Vertrauensverhältnis zu der Tiger-Dame in dem Revier auf. Dieses Verhältnis hat sich seitdem soweit intensiviert, dass die beiden regelmäßig gemeinsam durch das Gebiet streifen. Ani fühle sich insbesondere Nachts draußen sicherer, wenn die Tigerin bei ihm wäre, da er durch sie vor Leoparden, Elefanten und anderen Wildtieren beschützt fühlen würde. Die Tigerin hat mittlerweile auch 4 Junge, auch der Vater des Nachwuchses lebt in der Gegend (sein Name ist passend zu seiner Größe: Bigfoot).
Danach ging es für Jörg und Martina mit dem Jeep ab auf den Berg zu ihrer Wald-Hütte und wir drei anderen genossen noch ein Bier und den Ausblick über die Wiese mit der Wasserstelle von der Terrasse unsere Lodge. Mittlerweile hatte es auch wieder heftig zu regnen begonnen. Das beruhigende Geräusch von Regen, der aufs Dach prasselt, begleitete uns dann auch in unseren Schlaf. Frühmorgens gegen 6:30 waren wir aber schon wieder in der Beobachtungshütte an der Wasserstelle, um vielleicht doch nicht Elefanten oder Tiger zu sehen. Aber auch das frühe Aufstehen war vergebens. So gaben wir die Hoffnung zumindest für diesen Tag auf und gönnten uns noch ein leckeres Frühstück. Um 11 Uhr holte uns Mr. Chackochan und noch ein Fahrer mit zwei Autos dort ab und wir fuhren zu Vanamoolika zurück, wo wir einen entspannten Nachmittag verbrachten, Wäsche wuschen und den Reisebericht der letzten Tage schrieben. Am Abend kam noch der Mr. Paul, der Buchhalter von Vanamoolika und O. Wayanad mit seiner Frau zum Dinner vorbei. Ursprünglich war ein Besuch bei ihnen angedacht gewesen, jedoch war das auch zeitlichen Gründen nicht möglich. Es war ein netter Abend, man tauschte Geschichten über die jeweiligen Familien aus und erzählte über vergangene und anstehende Reisen. So besuchen Mr. Paul und dessen Frau im April ihre Tochter, die mittlerweile in Australien lebt. Ein schöner Abschluss des Tages.