Ecuador 2023


Tag 2

Nach fast 8 Stunden erholsamen Schlafes trotz Zimmer im ersten Stock über der Hauptstraße waren wir alle um 4 Uhr wieder wach und auch ganz gut erholt.

Glücklicherweise ist vom politischen Chaos und den Kriegen der Kartelle schon hier in Catamayo im Alltag nichts zu spüren. Also sind wir nun auch daher deutlich entspannter als bisher.

Um die für hiesige Verhältnisse recht frühe Zeit von 8 Uhr trafen wir uns in der Verarbeitungsanlage von FAPECAFES, des Dachverbandes unserer Partrnerkooperativen, mit den Chefverkoster José Apolo, dem Geschäftsführer Luis Eduardo und dem Präsidenten Oliveros zu einem Gespräch über das schwierige letzte Jahr, die aktuelle Situation und unsere Zusammenarbeit.

Das Jahr 2022 war aufgrund der sich Mitte des Jahres plötzlich verdoppelnden Weltmarktpreise für Kaffee für alle Kooperativen auf der südlichen Halbkugel eine existenzbedrohende Herausforderung. In allen Strukturen war vielen Kaffeeproduzent*innen das Hemd näher als die Hose, sie verkauften große Teile ihrer Ernte an herumfahrende Aufkäufer (Coyotes), statt an ihre eigene Genossenschaft. Die Aufkäufer waren weltweit in der Lage, höhere Preise zu zahlen als die Kooperativen, da sie keinerlei laufende Kosten decken müssen und tagesaktuell auf sich verändernde Preise reagieren können. Durch den damit fehlenden Kaffee, war es nahezu allen Kooperativen weltweit unmöglich, ihre Verträge mit ihren Käufer*innen zu erfüllen. Es kam einfach nicht genug Kaffee rein. So auch bei FAPECAFES. Während Quijote und unsere Co-Importeure überraschenderweise allen Kaffee bekam (wir sind durch unsere langjährigen Kooperationen und dauernden Besuch überall bevorzugt), bekamen alle anderen Kund*innen nicht einmal die Hälfte des versprochenen Kaffees. Dadurch entstand für die Kooperativen ein existenzbedrohender finanzieller Schaden.

FAPECAFES hatte glücklicherweise ein paar Reserven und durch die eigenen Verarbeitungsanlagen, mit denen sie Lohnverarbeitung für andere Unternehmen anbieten konnten, auch alternative Einnahmen. So konnten sie die schwere Zeit überstehen.

Dieses Jahr ist der Weltmarktpreis, noch stärker als von allen Fachleuten erwartet, wieder auf lächerliche 1,50 bis 1,60 US$ / lib. eingebrochen. Aufkäufer zahlen wieder wie eh und je erbärmliche Preise und alle Produzent*innen sind glücklich, wenn sie ihre Kaffees wieder an die Genossenschaften abliefern können. So wird es voraussichtlich nun auch wieder die nächsten 10 Jahre sein, bevor die Preise wieder mal durch die Decke gehen. Ob irgendwo daraus Lehren gezogen werden, darf bezweifelt werden. Außer ständiger bewusstseinsbildender Arbeit, um das Dazugehörigkeitsgefühl der Mitglieder zu stärken, gibt es kein Patentrezept. FAPECAFES war jedenfalls zum Glück gut genug vorbereitet, um zu überleben. Sie sind immer noch schuldenfrei. Problematisch ist allerdings, dass der Finanzierer Alterfin seinen Kreditrahmen von 1.200.000,- Dollar auf 500.000,- Dollar reduziert hat. Im letzten Jahr wurden halt nur 500.000 abgerufen. Das ist nun das Ergebnis. Es ist aber zu erwarten, dass im kommenden Jahr wieder auf über 1.000.000,- erhöht wird.

Wir probierten nach zwei Stunden Gesprächen ein paar erste Tassen aus den bereits für uns verarbeiteten Kaffeesäcken. Es sieht sehr gut aus, die Qualitäten sind erfreulich und schon über 75 % der zugesagten Mengen sind eingebracht, über 65 % bereits bei FAPECAFES. Die ersten Exporte nach Frankreich zu Ethiquable machen sich bald auf den Weg. Alle Container für Quijote werden noch im Verlauf von 2023 verschifft werden können. Das wäre das erste Mal und es sieht wirklich danach aus.

Da wir am Nachmittag um 15 Uhr auf der anderen Seite der Anden mit unseren Freund*innen der Genossenschaft ACRIM in Zumba verabredet waren, machten wir uns schnell auf den Weg. Nach 5 Stunden schneller Fahrt bei guten Wetter auf trockenen Straßen durch Regenwald ohne Regen und Nebelwald ohne Nebel (vor zwei Tagen hatte das Wetter sich schlagartig und überraschend so verändert) kamen wir pünktlich in Zumba an. Wir hatten nur für 15 Minuten in Vilcabamba angehalten und auf dem Markt schnell etwas gegessen. Für mich gab es eine Käsesuppe und einen frischen Orangen-Möhren-Saft.

In momentan vollen und voll ausgelasteten Beneficio der ACRIM trafen wir den Geschäftsführer Vicente, den Präsidenten Victor Hugo und den Verkoster Willan. Auch hier probierten wir Kaffees zu unserer vollen Zufriedenheit. Auch die ACRIM hat 2022 überstanden und ist schuldenfrei. Geholfen hat der eigene Isuzu 7-Tonner, mit dem der Kaffee und auch zunehmend Kakao direkt von weit entfernt lebenden Produzent*innen abgeholt und zu FAPECAFES transportiert werden kann. Die versprochenen Erntemengen sind tatsächlich jetzt schon eingebracht, ein Vertrag für einen zusätzlichen Container mit Ethiquable ist unterschrieben. Eventuell wird es noch einen zweiten zusätzlichen Container geben. Es ist schön zu sehen, wir hier alles wieder in die Spur kommt.

Abends gingen wir völlig erschöpft noch in einen Imbiss mit „mexikanischem“ Essen. Ein paar unterdurchschnittliche Tacos und eine gute Quesadilla waren mir eine willkommene Abwechslung. Todmüde und heiser vom endlosen Sprechen und den Klimaanlagen fiel ich um 20 Uhr ins Bett.