Ecuador Januar 2024


Tag 2 Fahrt ins Amazonastiefland zu ASOSUMACO

Es ist kompliziert

Nach einem erholsamen Schlaf in unserem schlichten Hostal in doch recht gemütlichen Bettchen (die Menschen hier sind kürzer), holte uns Ute (Projektverantwortliche der GiZ für EUDR Umsetzung in Ecuador) direkt vom Hostal ab.

Ich freute mich sehr, Ute wiederzusehen. Sie macht hier sehr gute Arbeit und versucht damit, ausgewählte Gruppen kleiner organisierter Produzent*innen von Kakao und Kaffee für die Umsetzung dieses Gesetzes der EU vorzubereiten. Auch ansonsten mag ich gerne mit Ute reisen. Sie ist klug und sehr gut informiert und ich mag sie persönlich sehr gerne. Was es noch besser macht: sie fährt hier einen quasi neuen Toyota Fortuner. Die GiZ möchte ganz offensichtlich, dass solche Autos von ihren Mitarbeitenden gefahren werden. Gut für Pako und mich. So komfortabel bin ich noch nie in den Osten Ecuadors gereist. Ich mit viereinhalb Stunden spannender und interessanter Gespräche und Austausch.

Die Fahrt von Quito über die Anden in die Amazonaswaldebene ist immer wunderschön. Zuerst geht es über den 4063 m hohen Papallakta-Pass und dann runter. Durch Täler voller echter Wälder und Wasserfälle. Nur sieht man diese normalerweise kaum. Heute war DIE Ausnahme. Der Himmel war Wolkenlos. Sowohl in den Hochanden als auch im Regenwald. Die Vulkane um Quito herum waren alle zu sehen und der spektakuläre Antisana mit seiner Schneekuppe begleitete uns fast die gesamte Reise. So hatte ich das bei all meinen Reisen noch nie gesehen.

Im Straßendorf Baeza frühstückten wir im Markt Ich aß Morocho mit süßer Käse-Empanada.

Nach dieser kurzen Pause ging es gleich weiter nach Loreto. Hier trafen wir in der Station der Kooperative ASOSUMACO auf Wilson, Berta und weitere 9 Repräsentierende unseres Partners.

ASOSUMACO war in der vergangenen Saison unsere „Problem-Kooperative“. Wir haben nur knapp über 20 Säcke der von uns vorfinanzierten 150 Säcke erhalten. Das ist ein Problem, der uns als Quijote finanziell sehr schmerzt (über 35.000 Euro wurden von ASOSUMACO für andere Zwecke ausgegeben als für uns Kaffee zu besorgen), das aber vor allem dazu führt, dass uns 130 Sack Kaffee einfach fehlen. Wir hätten diese gerne als „Cremaconda“ geröstet und angeboten.

In den vergangenen Monaten war uns absolut nicht klar, wie das passieren konnte. Um hier Licht ins Dunkel zu bringen, waren wir also heute hier. Dementsprechend angespannt war die Stimmung.

Wilson und seine Kolleg*innen konnten uns hier vor Ort nun erstmalig gut und nachvollziehbar erklären, was passiert war. ASOSUMACO wurde vor drei Jahren der Mietvertrag gekündigt und so musste ASOSUMACO umziehen und die gesamte Struktur der Verarbeitungsanlage neu aufbauen. Hierfür nahm die Genossenschaft sehr hohe Kredite auf und wurde auch von einigen staatlichen Strukturen Ecuadors unterstützt. So zum Beispiel von PROAMAZONIA. PROAMAZONIA hielt seine Versprechen nicht ein und zahlte zugesagte 50.000 Dollar nie aus. Zusammen mit dem sehr komplizierten Kaffeejahr 2022 (riesige schnelle Preisschwankungen und Chaos auf den Märkten), und einem geraubten Lastzug mit Kakao von ADSOSUMACO kam die Liquidität der Genossenschaft in Schieflage. Durch die extrem neoliberale Politik der letzten Regierung wurde die Aufnahmen von Krediten durch Genossenschften darüber hinaus deutlich erschwert. Das ist die aktuelle Situation. Es gibt kein Geld mehr für den Ankauf von Kaffee, da Kredite abgezahlt werden mussten und dafür auch unsere Vorfinanzierung genutzt wurde.

Die Mitglieder der Genossenschaft gaben ihren Kaffee für weniger Geld bei Zwischenhändlern ab. Die Preise in der Region sinken generell, da ASOSUMACO mit den hohen gebotenenen Preisen für „unseren“ Kaffee hier die Referenz ist. Das hörten wir dann im Laufe des Tages von allen Produzentinnen, denen wir begegneten. Gibt es ASOSUMACO nicht mehr, sinken die Preise sofort auf die Preise, die konventionelle Zwischenhändler hier halt so zahlen. Davon sind leider nicht nur die 200 loyalen Produzentinnen betroffen, die normalerweisen den großen Teil ihrer Ernte an ASOSUMACO verkaufen. Auch nicht nur die 2000 Produzent*innen, die zumindest sporadisch Kaffee an die Genossenschaft verkauft haben. Sondern mehrere tausend Familien.

ASOSUMACO sucht nun seit einem halben Jahr händeringend nach einer Zwischenfinanzierungt. Trotz des Wertes der eigenen Immobilie und der Anlagen in Höhe von fast 750.000 ,- Dollar gelang dies bisher noch nicht. Niemand kann sagen, wie es weitergeht. Das ist auch für uns ziemlich frustrierend.

Wir besuchten im weiteren Verlauf des Tages einige Chakras und sprachen mit Produzierenden, die weiterhin sehr gut von ASOSUMACO beraten werden und denen dank ASOSUMACO Microkredite und Anlagen vermittelt werden. Auch das Beschaffen von Materialien, Schulungen zu Bioanbau, Organisation, EUDR usw. vermittelt die Genossenschaft weiterhin. Alle betonten die unbedingte Notwendigkeit der Existenz dieser Strukturen.

In den Anlage von ASOSUMACO sahen wir am Nachmittag, wie weiterhin kleine Mengen sehr hochwertigen Kaffees von einzelnen besondern loyalen Mitgliedern eingebracht und verarbeitet werden. Diese müssen nun zwei Monate auf ihr Geld warten, statt es wie normalerweise, sofort ausgezahlt zu bekommen. Sie hoffen, so ihre Genossenschaft am Leben zu erhalten.

Abends gingen wir bei der ASOSUMACO Mitarbeiterin Bertha nachhause essen. Sie hatte für uns eine Ente geschlachtet und sehr lecker über Holzfeuer zubereitet. Sie lebt mit ihren drei wunderbaren Töchtern hier in Loreto. Ihr Mann ist in Europa und arbeitet dort als Tischler um mehr Geld für die Familie zu verdienen. Bertha ist zurecht sehr stolz auf ihre Töchter. Alle drei sind mit Auszeichnungen jeweils beste Schüler*innen ihrer Schulen und können so auf geförderte Ausbildungen hoffen. Die älteste Tochter möchte Ärztin werden und wird hoffentlich nächstes Jahr das Studium beginnen.

Pako und ich spazierten dann in der frühen Nacht vom Vorort in dem Bertha lebt zurück durch die immer noch drückende Hitze in unser Hotel. Auch für morgen werden Temperaturen von 38 Grad und wolkenloser Himmel vorausgesagt. Es ist ungewöhnlich heiß und ungewöhnlich trocken. Der Klimawandel ist eine weitere Herausforderung für die Kaffeeanbau.

 

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