Ecuador 2022 (2)


Tag 10 (11. November)


 

Motivierte und motivierende Menschen

 

Wir trafen uns morgens nach dem Frühstück (wir aßen am Markt und tranken leckeren Saft) in der Verarbeitungsstation der ACRIM im Versammlungsraum zu einem Treffen mit 10 Mitgliedern der Jugendkomitees und vier Vertreterinnen des Frauenkomitees. Ziel war wieder einmal ein Austausch, das Kennenlernen, der Abgleich unserer jeweiligen Erwartungen und das entwickeln gemeinsamer Ideen. Alle Anwesenden waren hoch motiviert und gut vorbereitet. Insbesondere die Motivation aller Anwesenden (hier merke ich immer wieder, wie viele Hoffnungen und gute Erfahrungen "Quijote" und "Pingo" hier bedeuten) und der Kampfeswillen der Frauen waren beeindruckend und sehr motivierend für mich.

Danach verkosteten wir sechs Lots gewaschenen Kaffees verschiedener Basisgruppen und des Jugendkomitees sowie einen Honey und zwei Naturals im Rahmen eines gemeinsamen Cuppings. Die gewaschenen Kaffees waren alle sehr gut (über 84 Punkte) und der Austausch mit allen Anwesenden (meist ohne Cupping-Erfahrung) hat Spaß gemacht und viele Diskussionen angeregt. Diese konnten wir bei Mittagsessen (zum üblichen Seco gab es Colada Morada, ein schweres warmes Getränk aus Beeren mit Maismehl, Zimt und Zucker) sehr angeregt weiterführen. Als Dessert gab es geröstete Culona-Ameisen (Blattschneideameisen mit ausladendem Hintern) und Schokolade aus der kleinen Bean-To-Bar Produktion von Liliana, der Vorsitzenden des Frauenkomitees.

Der Ausflug ins Feld führte uns nach dem Essen zur Regionalgruppe "Rancho Carrmen": Diese 1700 bis 2000 m hohen Cafetales von 34 Mitgliedern sind neben "Playa de las Pircas" die Region mit dem höchsten Potential für herausragende Qualitäten und mit den best organisiertesten und erfahrensten Produzent*innen. In all den Jahren unserer Anwesenheit und unserer Käufe hier kam immer ein großer Teil unseres Kaffees aus "Ranche Carmen". Auf der Versammlung waren 12 Produzent*innen anwesend. Fast alle kannte ich und alle kannten mich.  Es war sehr schön für mich zu sehen, wie sehr sich alle über unseren Besuch freuten. Selten zuvor wurde mir so vor Augen geführt, was für einen guten Ruf Quijote hier hat. Alle kennen uns als den besten und konstantesten Käufer, von denen hier je gehört und gesprochen wurde. Die Umarmungen waren wirklich herzlich und voller Sympathie. Das als Kaffeekäufer zu merken ist eine gute Sache. Vertrauen statt des üblichen Misstrauens ist selten und das Ergebnis von vielen Jahren verbindlicher Kooperation. Und die Mitglieder von Rancho Carmen haben unser Vertrauen bestätigt. Sie haben den Anteil unseres Kaffees an die ACRIM abgegeben, obwohl ein Aufkäufer aus Quito im Auftrag japanischer Röster mehr gezahlt hätte. Das erzählten sie auch sehr explizit bei unserem Treffen. Sie sind stolz und froh, uns zu haben und haben daher den Kaffee an uns verkauft. In Rancho Carmen werden im nächsten Jahr relevante Mengen Typica Mejoradas an neuen Sträuchern wachsen, die Cuppingergebnisse von 86,5 und mehr haben werden. Das ist deutlich außerhalb der Spanne für unsere Blends und eine Herausforderung in der Vermarktung. Denn dieser Kaffee verdient noch deutlich höhere Preise als wir für die von uns gesuchten Qualitäten bezahlen. Erst recht im Anbetracht der hohen Produktionskosten, des biologischen Anbaus und der sehr steilen Hänge, die das Arbeiten sehr kompliziert und beschwerlich machen, ein weltweit einzigartiger Kaffee. Es wird sehr spannend zu sehen, ob uns und den Produzent*innen dazu etwas einfällt. Der qualitative Fortschritt den die Produzent*innen hier in den letzten Jahren gemacht haben ist atemberaubend.

Die Stimmung war so gut, dass es uns gelang, sehr offen über unsere jeweiligen Vorstellungen zu reden und auch wirklich spannende Einsichten in das Seelenleben unserer Freund*innen hier zu bekommen. Und zu sehen, dass es hier nicht an Selbstbewusstsein und einer klaren Vorstellung von Qualität mangelt ist eine gute Erfahrung. Wir spazierten / kletterten noch auf einer Farm der Familie Abad durch ein hervorragend gemanagtes Cafetal und staunten über die Diversität von über 40 verschiedenen Nutzplanzen (holzbildende Bäume, Obst, Gemüse, Kräuter, Leguminosen) bei gleichzeitig hoher Produktivität und exzellenter Qualität. Selbstverständlich mit biologischem Anbau. Wir aßen viele Früchte, die auch in Ecuador schwierig aus Gartenanbau zu bekommen sind und die ich aufgrund der üblicherweise verwendeten Gifte sonst weder auf Märkten noch in Läden hier kaufen würde.

Auf dem Rückweg besuchten wir noch einen weiteren, auf dem Weg liegenden, Hof eines Produzenten und besprachen uns mit ihm. Dann ging es glücklich und motiviert zurück nach Zumba zur ACRIM und in unser Hotel.