Tag 6 (17.09.2016)


Heute kommt mal wieder ein inhaltlich spannender und mir wichtiger Beitrag.

Ohne Blödsinn über Essen. 

 

Um 7:30 Uhr holten uns Vinicio (Präsident des Kooperativenverbandes FAPACEFES), Vicente (Manager der ACRIM), Victor (Praesident der ACRIM) und Wilfrido (Cupper der ACRIM) vom Hotel ab. Nach einem kurzen Frühstück (Hühnersuppe mit Reis) ging es mit Pickups in die Microregion Rancho Carmen. Hier werden von 29 Mitgliedern des Basiszusammenschlusses die besten Kaffees der Kooperative in 1700-2000 m Höhe angebaut.

Es sind fast ausschliesslich Caturras, Boubones und Typicas. Alle Farmer hier haben eigene Waschstationen für den Kaffee und professionelle African Beds (Trocknungsbetten) unter Folienzelten.

Darüberhinaus sind sie gut geschult und arbeiten sehr sorgfältig, sauber und ernten sehr selektiv, häufig nach Varietaeten getrennt. Bei nationalen Wettbewerben belegen Farmer von hier immer Plätze unter den ersten 5.

Wir hatten die grossartige Möglichkeit, uns auf der Vollversammlung der Basisgruppe vorzustellen und die Mitglieder fast alle persönlich kennenzulernen. Von 29 Farmern waren nämlich 27 anwesend, das ist eine sensationelle Quote für Kooperativen auf regelmässigen Versammlungen. 

Marcelo, ein langjähriger Bekannter und nahezu Freund von mir ist Vorsitzender der Gruppe und auch trotz seines geringen Alters von knapp 30 einer der besten Farmer Ecuadors. Ich präsentierte unser Modell von Quijote Kaffee und erläuterte, warum FAPECAFES uns allen anderen Käufern vorzieht. Nämlich, weil wir als einzige Käufer vorfinanzieren, jedes Jahr ein - bis zweimal persönlich vor Ort sind, die besten Preise aller Käufer zahlen, noch demokratischer als die Kooperativen selbst organisiert sind und zuverlässig und ehrlich arbeiten.

Das tolle daran ist: die Leute glauben mir das auch. Alle Mitglieder stellten sich auch persönlich vor und konnten mir Fragen stellen, das wurde auch ordentlich genutzt.

 

Insbesondere ging es um ein Thema, das ich in einem Exkurs weiter unten noch genauer darstellen werde. Nämlich die Vermarktung des Kaffees, den die Mitglieder hier aufgrund einer qualitativ und mengenmässig aussergewöhnlich guten Ernte immer noch bei sich haben und nicht an die Kooperativen abgeben koennen. Grund dafür ist, dass ca. 6 Monate vor der Ernte eine Menge angegeben werden muss, die die Mitglieder im betreffenden Erntejahr an die Kooperative abgeben.

Diese Menge darf um 20 % unterschritten werden, kann bei finanziellen Ressourcen der Kooperative und interessierten Kaeufern auch um 60 % überschritten werden. Leider fehlt es aber an beidem.

Das ist sehr frustrierend, denn nun muss der Kaffee mit einer Qualitaet von 85-87 (!!!) Punkten an Zwischenhändler verkauft werden. Und zwar zu den niedrigen Preisen, die diese zahlen. 

 

Nun ein kurzer Ausflug zu den Preisen, die die Mitglieder von ihrer eigenen Kooperative erhalten. Die ACRIM ist im internationalen Vergleich genauso effizient wie wir als Quijote Kaffee. Wir als Quijote haben einen weltweit ungeschlagenen "Return To Origin" (Anteil des Verkaufspreises, der an den Produzenten im Kaffeeursprung geht), die ACRIM zahlt einen höheren Anteil des erzielten Preises als jede andere mir bekannte Kooperative an ihre Mitglieder aus. Konkret sind das hier 2,00 $ pro Pfund Basispreis und ein Aufschlag von -,60 $ pro Pfund bei Qualitäten über 84.

Von der Differenz (-,40 bis -,70 $) werden sowohl Verarbeitung, Finanzierung, Transporte, Beratung, Verwaltung und Export bezahlt.

Für mich als Mitglied des Quijote Kolektivs ist das extrem befriedigend solche Partner zu haben. Unser sehr hoher Einkaufspreis kommt wirklich dort an wo er hingehört und hat aufgrund der kleinen Grösse der Kooperative (6 Container Export 2016) auch sehr grosse Auswirkungen auf den erzielten Durchschnittspreis.  Falls das hier also irgendjemand von Euch liest, der eventuell noch in unseren diesjährigen Import aus Ecuador mit einsteigen will: es gibt 85-87er Kaffee zu ganz normalen Preisen und ohne Vorfinanzierung, da der Kaffee schon da ist......bitte meldet Euch (Mail an Steffi)!

Es ist mir echt ernst, mit zusätzlichen Käufern können wir hier echt sehr effektiv unterstützend eingreifen.  Ein Mitlgied betreibt mit seiner Familie ein Restaurant im Dorf Rancho Carmen, hier assen wir alle zusammen zu mittag. Alle Zutaten kommen aus dem Dorf und werden biologisch angebaut. Es gab eine sehr gute Hühnersuppe und danach Hühnchen mit Yuca, Reis und Bohnen. 

 

Auf den beiden nachfolgenden Farmbesuchen konnten wir uns von der absolut aussergewöhnlichen Qualität der Produzenten der Region anhand von Beispielen überzeugen. Insbesondere die Farm von Marcelo ist unglaublich. Alles stimmt: sehr gesunde Pflanzen der qualitativ besten Varietaeten (Caturra, Typica), sehr selektive Ernte, sehr saubere Verarbeitung und langsame Trocknung auf African Beds. Ich griff mir sofort ein Muster und röste es morgen zusammen mit Wilfrido und berichte Euch. 

 

Danach besuchten wir die Farm von FAPECAFES Präsidenten Vinicio. Er hat 7 Hektar und macht speziell für uns eine Aufbereitung von Honeys. Dieses Jahr wird es 30 Sack geben. Auch hier gilt wir können noch einzelne Säcke davon als Muster an andere Röster abgeben. Vinicio hat viele spannende Varietäten, darunter Geisha und aus Nestle Labors entwendete andere spannende Teile   Besonders toll an den Farmbesuchen war, dass uns 10 Farmer der Basisgruppe begleiteten und wir uns den ganzen Tag zusammen unterhalten konnten und ich viele neue Freunde kennenlernte.

Dieser Punkt beweist das riesige Engagement und Interesse der Farmer hier. Sonst gehört das Wochenende hier nämlich ganz der Farm und der Familie.

Nach der letzten Farm des Tages stoppten wir noch an einem Dorf-Tante-Emma-Laden in einem Holzverschlag. Zur Feier des grossen Tages lud jemand die anderen zu einem Bier ein. Dem wollte niemand nachstehen und jeder gab eine Runde aus. Wir unterhielten uns also mit immer mehr Bier, Zigaretten aus selbstangebautem mit eigenem Honig aromatisierten Tabak und Pisco aus Peru am Strassenrand mitten im Nichts der Anden noch sehr lange alle zusammen über die Situation und Möglichkeiten zur Verbesserung unserer Zusammenarbeit.

Beschwingt ging es über kleinste Feldwege entlang furchteinflössender Abhänge auf der Ladeflaeche der Pickups wieder zurück nach Zumba. Dort unterhielten wir uns noch eine ganze Weile mit Vinicio und Vicente, bevor wir uns auf unsere Dachterrasse zurückzogen und Mangos und Avocados zu Abend assen.