Mittwoch, 08.01.2014


Ich hatte vor der Reise sehr viele Geschichten über mangelnde Hygiene, Unverträglichkeiten des hiesigen Essen und der scharfen Gewürze für Europäer und über tagelange Kloschüsselaufenthalte gehört und mir vorgenommen wenn nötig nur von Reis, Brot und Wasser zu leben. Die Qualität und die hiesige hohe Kultur der Küche machten mir dieses Vorhaben aber von Anfang an unmöglich. Also aß ich gestern und heute wieder mal alle Dinge die mir von Farmern und hier in der Processing Unit angeboten wurden. Und alles war großartig gut. Morgens, mittag und abends gibt es sehr gute Currys, dazu verschiedenste Fladenbrote, immer bestes Obst, frischen Zuckerrohrsaft, Limettensaft, Kokoswasser aus der Nuss, Nüsse, Süssigkeiten, Tee, Kaffee. Großartig, nun muss ich allein wegen des guten Essens wiederkommen.

 

Aber auch ansonsten bestätigten sich unsere sehr guten gestrigen Eindrücke auch heute und die 5 besuchten Farmer machen alle sehr gute Arbeit. Und alle möchten biologisch aus Eigeninteresse und Qualität aus dem Grund der Zukunftsperspektive anbauen.

 

Alle besuchte Farmerfamilien haben mindestens 5 Produkte, welche sie vermarkten, immer alle biologisch angebaut, teilweise biologisch-dynamisch (auch das übertrifft natürlich unsere Erwartungen). Viele der Produkte werden über die Kooperative zu guten Preisen vermarktet. Gesehen haben wir heute bei den 5 Farmern: Kaffee, Milchkühe, Pfeffer, Kokosnüsse (für Nüsse und Öl), Ölpalmen (immer in Mischkultur mit mindestens 4 anderen großen Nutzpflanzen), andere Kühe für biologisch-dynamische Düngererzeugung, Muskatnüsse, Kardamom, Jackfruit, Vanille, Hühner, Gooseberry, Bananen, Betelnüsse.

 

Die am professionellsten und produktivsten arbeitende Farm war die bio-dynamische. Hier werden tatsächlich für den Anbau keinerlei Produkte von außerhalb genutzt. Das Prinzip nennen sie hier no-budget farming. Folgendes Rezept ergibt den Dünger:

100 Liter Wasser

8 Liter Kuh-Urin

8 kg Kuhdung

2 kg Zuckerrohrmelasse

2 kg Hülsenfruchtmehl

1 handvoll Muttererde

das wird in Tonnen vergoren und mit Wasser (1:10) verdünnt, großflächig in den waldähnlichen Mischanbau ausgebracht, nicht gezielt auf einzelne Pflanzen. Dies ist neben dem Jäten, umgraben und Zurückschneiden die einzige Arbeit an den Kaffee-Pflanzen. Bewässert werden muss nicht, der Regen reicht aus.

 

Das Ergebnis dieser Farm ist wie gesagt sehr gut, sie ist im Schnitt sicherlich doppelt so produktiv in der Menge wie der Durchschnitt hier. Die 8 Kühe reichen aus um u.a. 2000 Kaffeepflanzen und ca. 1000 Pfeffer, viele Muskatbäume und ohne Ende Betelnusspalmen zu düngen und daneben kann noch Dünger verkauft werden. Ebenso wird der Dung der Milchkühe an Nachbarn abgegeben, da er nicht hochwertig genug ist für den Farmer.

 

Andere Farmen zeichneten sich heute durch besonders große Diversität aus (12 vermarktete Produkte) oder durch besonders waldnahen Anbau.

 

In der letzten besuchten Farm hat der Farmer sehr große Probleme mit Affen aus dem direkt angrenzenden Wald (Schutzgebiet). Sie essen alle Kaffeekirschen auf sobald sie reif werden, daher muss hier direkt vor der optimalen Reife geerntet werden (bekommen fair-trade Importeure, nicht wir...). Ebenso fressen die Viecher den Pfeffer auf wenn er reif wird. Also auch hier.....unreif ernten.

Neben den Affen, besuchen diese Farm auch täglich einige Elefanten, diese werden mit einem elektrischen Zaun ferngehalten sobald es dunkel wird. Außerdem machen es diese Riesen sehr schwierig nach beginnender Dunkelheit abends die Farm zu verlassen. Der Farmer kämpf seit einem Jahr gesundheitlich mit den Folgen einer Elefantenbegegnung (zum Glück nur ein Jungtier...).

 

Neben dem großartigen Essen mussten wir heute noch den Vorurteil revidieren: die Bauern hier sind keine armen Schlucker.....sie leben alle in schönen großen gepflegten Häuser, haben moderne Mobiltelefone, Satellitentelefone, gute Stromversorgung, hübsche Gärten, schicken einige ihrer Töchter und Söhne ins Ausland und auf Universitäten und haben so fruchtbares Land, dass 2-3 Hektar gut für eine sehr große Familie mit drei Generationen reichen. In den wenigsten Fällen wird der Grund bei der Vererbung geteilt, meist übernimmt ein Sohn der nicht studiert hat, die studierten suchen ihr Glück woanders. So bleiben die Farmen auch perspektivisch ausreichend groß.

 

Während der Markt für Kaffee momentan am Boden liegt, ist der Markt für guten Pfeffer momentan wie gestern geschrieben sehr gut. So gleicht es sich auch hier ganz gut aus. Und so haben auch alle besuchten Farmer großes Interesse an unserem Projekt „sehr hochwertiger gewaschener indischer Bio-Robusta aus Kooperativenanbau“ mitzumachen.

 

Unsere Fragen wurden heute alle dem Anschein nach sehr ehrlich beantwortet. Zum Beispiel auch die nach der Entlohnung der Tagelöhner. Der Lohn liegt mit 400 Rupien (5,- Euro) und abends einem Schnaps sehr weit über dem Landesschnitt. Dies ist in Kerala generell aber ähnlich, da die Lebensqualität aber auch die Lebenshaltungskosten hier deutlich höher sind.

 

Wir haben auch heute wieder wunderschöne Landschaften durchfahren, besonders der kleinteilige Reisanbau und kleinteiliger Teeanbau sehen für mich als Euopäaer sehr ungewohnt und abwechslungsreich aus. Und daneben immer wieder der hier absolut übliche Mischanbau mit sehr vielen Kulturpflanzen miteinander der häufig wie Wald aussieht und Lebensraum für eine sehr hohe Vielfalt der Fauna bietet.

 

Morgen früh geht es weiter mit der Präsentation unseres Projektes auf dem Boardmeeting der Organisationen. Ich bin sehr gespannt auf die Fragen und Erwartungen der Kollegen hier.