Dienstag, 07.01.2014


Nachdem wir nach einer sehr erholsamen Nacht in unserem guten Hotel in Koshikode auch noch ein sehr gutes echtes indisches Frühstück bekamen machten wir uns sehr erholt und begleitet durch unseren Fahrer auf den Weg nach Wayanad.

Wer von Euch jemals in Indien war weiß sicherlich einen erfahrenen und besonnenen Fahrer sowie ein sicheres Auto zu schätzen.

 

Wir fuhren 60 km durch sehr dicht besiedeltes Küstengebiet (es sieht aus wie ein endloses wuseliges Strassendorf) bevor wir langsam etwas mehr in natürliche Umgebung kamen auf dem Weg in des Westghats von Wayanad. Ich als jemand der ansonsten vor allem in Lateinamerika auf Kaffeereisen unterwegs war, war besonders überrascht, WIE dicht Kerala besiedelt ist. Auf der gesamten Fahrt bis ins für hiesige Verhältnisse wirklich abgelegene Pulpally war die gesamte Strecke eigentlich ein einziges Dorf.

Wunderschöne Ausnahme war eine ca. 20 km lange Strecke durch das Wayanad Wildlife Sanctuary, ein abgelegener Wald in dem es sehr wahrscheinlich ist frei lebenden Elephanten zu begegnen.

Ansonsten ging es durch Reisfelder, Betelnuss-(Palmen)Plantagen, Ingwerfelder, Kautschukplantagen, Teeplantagen, Bambushaine, Kardamomplantagen und KAFFEEFELDER. Sehr viele Kaffeefelder!

 

Nach fast 5 ½ Stunden und 150 km (es lag tatsächlich am Verkehr) kamen wir in der zentralen Station unserer Partner der Organisationen „Organic Wayanad“ und „Fairtrade Network“ an.

„Organic Wayanad“ ist offiziell keine Kooperative, da im Bundesstaat Kerala eine Kooperative nur eine politische Struktur sein kann, dies wurde durch die regierende kommunistische Partei festgelegt(seit den 60er Jahren durch demokratische Wahlen an der Macht). Solche politische Einflussnahme (und das immer damit verbundene Abkassieren durch Funktionäre) wollten die Farmer nicht und gründeten so eine mitgliedereigene Firma von Bio-Kleinbauern.

Angebaut und gemeinsam vermarktet werden Pfeffer (bringe ich als Muster mit), Kaffee (Canephora S.274), Kokosöl, Ingwer und Kakao. Alle Produkte sind kontrolliert biologisch angebaut, es gibt eine obligatorische Untersuchung jedes Mitgliedes durch ein Autokontrollsystem der Struktur und eine jährliche externe Biokontrolle durch stichprobenartige Besuche bei Bauern.

 

Da eine Mitgliedereigene Bauernfirma wie die „Organic Wayanad“ nicht im Fair-Trade System kompatibel ist (obwohl es de facto eine Kooperative ist), mussten die Farmer noch eine weitere Organisation gründen nur um den Kaffee offiziell als Fairtrade verkaufen zu dürfen. Mitgliedergleich ist also die extra hierfür geschaffene Inoffizielle Kooperative „Fairtrade Network“. Dadurch geht jährlich ein Container Fairtrade Kaffee an die deutsche GEPA welche ein guter und solidarischer Partner für die Bauern ist. Kein gutes Wort hören wir dagegen über das Fairtrade System und die FLO im Allgemeinen. Die Mindest-Preise sind viel zu niedrig und die lokalen Aufkäufer für Pfeffer zahlen bereits seit 10 Jahren mehr als den garantierten Mindestpreis.

 

Gemeinsam vermarktet werden die Produkte nun über die extra hierfür geschaffene Firma IOFPCL.

Insgesamt sind dies momentan 55 Tonnen verarbeiteter Rohkaffee, davon 40-45 Tonnen im Export.

 

Organic Wayanad hat 357 Mitglieder die in Wayanad Biokaffee anbauen. Die Farmgröße beträgt 1-3 Hektar, durchschnittlich sind es knapp unter 2 Hektar. Sie sind in 3 großen Clustern und dann nochmal in nachbarschaftlichen Kleingruppen zu 10-15 Bauern organisiert. Jede Kleingruppe trifft sich monatlich und wählt und entsendet Delegierte zu den monatlichen entscheidungsfähigen Versammlungen. Alle 2 Monate gibt es Vollversammlungen. Kommuniziert wird intern vor allem über eine Email-Liste, Entscheidungen werden basisdemokratisch getroffen und sehr transparent kommuniziert.

 

Im Büro von „Ornanic Wayanad“ konnten wir Registerkarten aller Mitglieder einsehen. Hier verzeichnet sind die Grunddaten Adresse, Name, Größe der Farm, Zahl der Pflanzen, Produkte, Größe der Produktion und alle Maßnahmen in Bezug auf den biologischen Anbau. „Organic Wayanad“ hat etliche eigene zur Instrukteuren ausgebildete Mitglieder die ständig bei den anderen Mitgliedern zu Besuch sind, beraten, ausbilden und kontrollieren.

So gute Strukturen kenne ich selbst nur von den wenigsten Arabica Kooperativen Lateinamerikas die ich besucht habe. Wir waren sehr positiv überrascht.

 

Zeitgleich mit uns kamen heute auch die 4 von uns finanzierten Scheibenpulpmaschinen und eine Maschine zum Waschen des Kaffee an. Sie funktionieren gut, wir haben heute schon getestet. Jetzt kommt morgen in jeden der Farmer-Cluster 1 Pulpmaschine zu jeweils einem zentral gelegenen Bauern mit einer eigenen Biogasanlage (in der die Pulpe verarbeitet wird).

 

Bezahlt wird ein hier sehr guter Preis von 28 Rupien pro kg reifer Kirschen. Am Ende des Jahres gibt es dann im Falle eine Gewinnes durch die Vermarktung eine Prämie. Angenommen an den dezentralen Pulpstationen werden durch die ausgebildeten Instrukteure nur idealreife Kirschen. Bei über 5 % nicht idealreifen Kirschen muss der Bauer seinen Kaffee woanders abliefern, die bis zu 5 % werden durch waschen und manuelle Vorselektion entfernt. Wir haben uns heute stichprobenartig Muster der angelieferten Ware anschauen können und sind sehr zufrieden.

 

Der Kaffee wird dann nach dem nachmittäglichen Pulpen am Abend in die Zentrale der „Organic Wayanad“ in Pulpally gebracht und dort auf Dächern (auf und unter Netzgewebe) 7-10 Tage auf 11,5 bis 12 % Restfeuchte runtergetrocknet.

 

Sehr glücklich sitze ich nun vor meiner Hütte mitten im Kaffeefeld welches bei Nacht durch die sehr starke Nutzung von Schattenbäumen eigentlich wie ein Wald wirkt und freue mich auf den morgigen Tag. Es geht den ganzen Tag zu Farmergruppen, die Ernte läuft gerade auf ihrem Höhepunkt.